Kurze Geschichte der Pflanzenheilkunde

Letztes Update: 27. November 2023

Die Pflanzenheilkunde besteht schon seit Anbeginn der Menschheit. Oft in ritualisierter Form machten sich die Urvölker der Erde die Früchte der Natur zunutze. Es existierte keine Unterscheidung zwischen materieller und spiritueller Heilung, die Menschen verfolgten unbewusst einen ganzheitlichen Ansatz. Dieses Wissen mag im Zuge der Entwicklung der modernen Wissenschaft und der fortschreitenden Industrialisierung teilweise in Vergessenheit oder gar in Verruf geraten sein. Jedoch bildet es nach wie vor die Grundlage aller Medizin.

Was früher auf instinktiver Ebene ablief, wird heute versucht zu entschlüsseln. Inhaltsstoffe von Pflanzen werden katalogisiert und extrahiert. Zusammenhänge werden zu verstehen versucht. Doch fehlt oft der Blick auf das Zusammenspiel von Mensch und Umwelt. Warum bewirken die unterschiedlichen Pflanzen beim Menschen etwas?

Die evolutionär gewachsene Symbiose des Menschen und der Pflanzen spielt bei der Pflanzenheilkunde eine elementare Rolle. So entwickelte der Mensch über die Jahrtausende die Rezeptoren für die unterschiedlichsten Wirkstoffe. Es ist von einer evolutionären Wechselwirkung auszugehen, die überhaupt erst die Wirksamkeit der Pflanzen möglich machte. Wir wollen nun einen Einblick in die menschheitsgeschichtliche Entwicklung der Naturheilkunde werfen. Es sei dabei angemerkt, dass es sich nur um eine sehr verkürzte Darstellung handelt, die sich vorrangig einigen wenigen Eckpfeilern der Geschichte widmet um einen groben Überblick zu liefern.

Geschichtliche Entwicklung der Pflanzenheilkunde

Pflanzenheilkunde und Phytotherapie geschichte
Phytotherapie: Von den Ursprüngen in die Gegenwart

Frühe Naturvölker und Heilungsrituale

In schamanistischen Ritualen traten die frühen Heiler durch psychoaktive Substanzen mit ihren Göttern in Verbindung. In ihren Visionen erkannten sie Krankheiten und mögliche Behandlungswege. Unterirdische Pflanzenstrukturen, wie Wurzeln, galten als mysthische Verbindungsglieder zwischen den Welten. Die so entwickelten Heilverfahren und Riten wurden stets mündlich überliefert und fester Teil der Traditionen ursprünglicher Naturvölker.

Tiere als Vorbilder

Oft waren es auch Tiere, die dem Menschen als Vorbild oder Warnung in Bezug auf die heilende oder giftige Wirkung von Pflanzen aufmerksam werden ließen. Beispielsweise sich in Schafgarbe wälzende Schafe ließen auf die wundheilende Wirkung der Pflanze schließen, Feldhasen bedienten sich den unterschiedlichsten Heilkräutern, um sich ihrer Parasiten zu erwähren. Und Berggämsen griffen schon auf die antibiotische Wirkung des Alpenwegerichs zurück. Diese Liste an Beispielen ließe sich endlos fortführen und geht somit weit bis vor den Menschen zurück.

Eckpfeiler der Entwicklung zur Phytotherapie

Erste Beobachtungen

Im Irak wurde in den 1950er Jahren ein ca. 60 000 Jahre altes Grab entdeckt. Die Toten waren auf Pflanzenbüscheln aufgebahrt. Eine Laboranalyse ergab, dass die Pflanzenhaufen aus mehr als 25 verschiedenen Heilpflanzen bestanden, die auch heute noch zum Einsatz kommen. Dazu zählten unter anderem Wegerich, Schafgarbe, Beifuß und Flockenblume. Auch wenn dieser Fund keinen eindeutigen Beleg auf eine derartig frühe Datierung der Pflanzeheilkunde zulässt, ist er ein erstes Indiz für den Gebrauch von Heilpflanzen.

Spätere Funde aus den frühsteinzeitlichen Pfahlbauten am Bodensee ergaben Erkenntnisse über die Lagerung von Samen diverser Heilpflanzen wie Schlehe, Kümmel und Holunder. Ebenso belegt die im Eis mumifizierte Leiche des Ötzi, die auf über 5000 Jahre datiert wird, ebenfalls den Gebrauch einer Vielzahl unterschiedlicher Kräuter, die er in seinem Köcher mit sich führte.

Auf ca. 3000 Jahre v. Chr. datiert wurden erste Funde von Insignien auf Steintafeln, die Pflanzen und Rezepte erwähnten. In Ägypten häuften sich anschließend schriftliche Belege für pflanzenheilkundliche Rezepte. So entstand etwa 1900 v. Chr. die Heilkunst des Ayur-Veda (“Lehre vom langen Leben”). In den ägyptischen Königsgräbern wurden dementsprechend eindrucksvolle Funde entdeckt, die auf eine mannigfaltige Nutzung des Heilwissens schließen lassen.

Hippokrates

Ab dem 5. Jh. v. Chr. begann die Ära des Hippokrates (um 460 v. Chr. – um 370 v. Chr.) Er stellte eine bis heute bedeutende Gesundheitslehre auf und der hippokratische Eid bildet bis 1948 die Grundlage des Schaffens eines jeden Mediziners. Hippokrates schuf somit den Grundstein der modernen Medizin. Ab 1948 wurde dieser durch das Genfer Gelöbnis des Weltärztebundes ersetzt, der den Respekt vor dem Leben des Patienten stärker hervorhebt und bis heute gültig ist.

Chinesische Heilkunde

Auch in China entwickelte sich parallel ein sehr umfassendes Wissen um die Heilkräfte der Natur. Der legendäre Kaiser von China, Shennong, der vor ca. 5000 Jahren gelebt haben soll, entwickelte eine umfassende Bibliothek über die Wirkweisen von über 200 verschiedenen pharmakologisch wirksamen Pflanzen und ihrer Anwendung: Die “pen Ts’ao ching“. Das Buch wird allerdings von heutigen Forschern auf ein Alter von nur etwa 2000 Jahren geschätzt. Dennoch ist überliefert, dass er die Pflanzen im Selbstversuch testete. Ihm wird auch die Entdeckung des Tees zugeschrieben.

Tacitus und die römische Heilkunde

Ein Jahrhundert später entwickelten sich im römischen Reich vor allem durch Tacitus unterschiedliche Verfahren und Heilkunden in Bezug auf natürliche Heilmethoden, die später auch von den Germanen teilweise übernommen wurden. Die germanischen Heilmethoden gehen allerdings auch auf die keltischen Druiden zurück, die bereits 3000 Jahre v. Chr. in ihren Zirkeln ritualisierte Heilverfahren durchführten. Hier entwickelte sich beispielsweise die enorme Wertschätzung der als göttlich betrachteten Mistel.

Isländische Sagas

Aus den Regionen Islands und Norwegen stammen heilkundliche Überlieferung insbesondere durch die Vielzahl an Sagas. Hier ist es die “Edda“, die einen bedeutenden Einfluss auf die damalige medizinische Kultur ausübte. Pflanzen wurden in den Sagas als die höchsten Güter zur Erhaltung der Gesundheit betrachtet.

Pflanzenheilkunde und Christentum

Im Jahre 750 n. Chr. entstand das Lorscher Arzneibuch. Hier wurde erstmals für eine Trennung der Medizin von den wissenschaftsfeindlichen christlichen Grundsätzen plädiert. Heilpflanzen und Gewürze wurden unter der Führung von Karl dem Großen (747 – 814) geregelt angebaut. In vielen Klöstern wurden die Klostermedizin entwickelt und durch den Anbau der unterschiedlichsten Pflanzen in den eigenen Klostergärten gespeist. Dort stammt auch der Name der “Apotheke” her,  die damals unter dem Namen “apotheca” den Lagerraum der Kräuter bezeichnete.

Hildegard von Bingen

Hildegard von Bingen Naturheilkunde
Hildegard von Bingen

Im 12. Jh. prägte Hildegard von Bingen (1098 – 1179) das Gesundheitswesen und -wissen maßgeblich. In ihrem Werk “Physica” beschreibt sie bis dahin ungekannt akribisch und detailliert die heimischen Pflanzen, die bis dato nicht als medizinisch nutzbar bekannt gewesen waren. Mit ihrem Lebenswerk ist sie eine der bedeutensten Perönlichkeiten des Mittelalters und ihre Erkenntnisse über die Pflanzenwelt sind bis heute aktuell. Wir widmen Hildegard von Bingen und ihrem Werk einen eigenen Artikel, um ein wenig ausführlicher auf ihren Einfluss auf die Pflanzenheilkunde einzugehen.

Paracelsus

Paracelsus und Pflanzenheilkunde
Die Heilkunde des Paracelsus

Durch den von Johannes Gutenberg (1395 – 1468) entwickelten Buchdruck verbreitete sich die Kunde der Heilkunst nun bedeutend schneller. Immer mehr Menschen wurde die Theorie der Heilverfahren zugänglich und so spaltete sich die Heilkunst in immer feinere Verästelungen auf. Durch Paracelsus (1493 – 1541), der besonders für die heimischen Heilpflanzen als Heilmittel für ebenfalls heimische Krankheiten eintrat, wurde viel Forschungsarbeit geleistet. Als Stadtarzt und Gelehrter griff er auch auf damals verpönte Quellen, wie das Hexentum zurück, um von den seinerzeit verschrienen “Kräuterweibern” zu lernen. Er galt somit als Querdenker und erweiterte die Wissenschaft durch zahlreiche eigens durchgeführte Experimente und Erkenntnisse. Er verband die Astronomie mit der Heilkunde und war stets auf der Suche nach einem ganzheitlichen Ansatz.

Neuere Ansätze der Pflanzenheilkunde

Klassifizierung und Homöopathie

Im 18. Jh. fanden einige parallele Entwürfe bis heute praktizierter Heilverfahren statt. So entwarf Christoph Wilhelm Hufeland (1762 – 1836) die an Hippokrates anknüpfenden “Erfahrungsheillehre“, Carl von Linné (1707-1778) entwarf eine einfache Klassifizierung und Systematisierung für Heilpflanzen. Samuel Hahnemann (1755 – 1843), ein Schüler von Carl von Linné, begründete schließlich die Homöopathie und erschuf eine Ähnlichkeitslehre.

Von Goethe bis Kneipp

Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) entdeckte die Metamorphose der Pflanzen und beschäftigte sich Zeit seines Lebens mit den botanischen Wissenschaften. Seine Pflanzenbeobachtungen brachten auch die Erkenntnistheorie des Wesens einer Idee zu Tage. Vincenz Prießnitz (1799 – 1851) galt durch seine Wassertherapien als ein Wunderheiler, jedoch war es schließlich Sebastian Kneipp (1821 – 1897) der mit seinen Kneipp-Verfahren weltweite Anerkennung erlangte.

Romantik und Heilwissen

Johann Künzli (1857 – 1945), ein schweizer Pfarrer, wurde mit dem Buch “Chrut und Uchrut” berühmt und wird auch heute noch unter dem Ausspruch des “Garten Gottes” häufig zitiert. Rudolph Steiner (1861 – 1925), als Begründer der Anthroposophie, brachte in seiner Heilkunde die Rolle der Pflanzen und den Geist der Natur entgegen dem scholastischen Wissenschaftsprinzip mit seiner romantischen Weltsicht wieder ins Bewusstsein.

Die Phytotherapie des 20. Jahrhunderts

Auch im Dritten Reich machte man sich die Heilpflanzenkunde zunutze und erkannte sie als Lieferant von Pharmakologie in Kriegszeiten. So ließ man selbst in den Konzentrationslagern zahlreiche Heilpflanzen von den Gefangenen anbauen um die Armee zu versorgen. Der französische Arzt Leclerc (1870-1955) prägte schließlich im 20. Jh. den heute geläufigen Begriff der Phytotherapie.

Über Brigitte

Brigitte Hofstedt (39) ist unsere Heilpflanzenexpertin. Als freischaffende Autorin und Onlineredakteurin verfasst sie einen großen Teil unserer Beiträge. Ihre Liebe zu Naturheilverfahren entdeckte sie während ihrer Studienzeit. Dank ihrer langjährigen Erfahrung mit Heilpflanzen ist sie unsere Anlaufstelle zu allen Fragen rund um Kräuter und Hausmittel.

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2 Kommentare

  1. Sehr geehrte Frau Hofstedt,

    kurz zum Hippokratischen Eid: Sie schreiben Folgendes: ” …und der hippokratische Eid bildet bis jetzt die Grundlage des Schaffens eines jeden Mediziners.”
    Das stimmt seit 1948 nicht mehr – als dieser durch das Genfer Gelöbnis ersetzt wurde.

    MfG C.Richter

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